Ihr Lebenslauf ist spannend: 20 Jahre lang haben Sie als Benediktinermönch gelebt. Was haben Sie aus der Zeit für Ihre heutige Arbeit als Coach und Berater mitgenommen?
Spiritualität ist mir auch in meiner heutigen Arbeit sehr wichtig. Ich glaube, wir können uns nicht weiterentwickeln, ohne die Grundfragen des Lebens anzuschauen: Woher kommen wir, wohin gehen wir, was ist der Sinn des Lebens? Diesen Fragen können wir nicht ohne Spiritualität begegnen.
In diesen 20 Jahren des Klosterlebens habe ich auch sehr bewusst gelernt zu meditieren, bei mir zu sein, und mich ebenso auf andere einzulassen.
Ist Spiritualität dann gleichzusetzen mit Glauben oder gar einem christlichen Glauben?
Nein, überhaupt nicht. Andere Ansätze – vom Buddhismus bis zum Schamanismus – sind ebenso wertvoll. Jeder soll hier seine eigene Heimat und Position finden. Aber ich glaube, es ist gut, wenn man irgendwo zuhause ist.
Nach 20 Jahren haben Sie das Kloster verlassen und sich verstärkt mit den Themen Existenzanalyse und Logotherapie beschäftigt. Was genau bedeutet „Existenzanalyse“?
Es ist die Analyse des Jetzt, meines Seins, meiner Existenz – mit Blick auf die Möglichkeiten und Potenziale, nicht auf die Probleme oder Fehler. Die Frage ist immer, welche Möglichkeiten gibt es, wie könnte ich aus meine Potenziale einsetzen?
Mit Blick auf Ihren eigenen Weg: Wie sind Sie bei Entscheidungen, beispielsweise das Kloster nach 20 Jahren zu verlassen, vorgegangen?
Im Endeffekt war da ein Bauchgefühl, das ich lange Zeit überprüft habe. Wichtige Entscheidungen haben meist eine Reifezeit und wollen gut überlegt und begleitet sein. Am Ende entscheidet aber unser Gefühl.
Ein Beispiel: Können Sie mir sagen, warum Sie in Ihren Partner verliebt sind?
Ja – und nein.
Genauso ist es: Es gibt rationale Gründe, die uns helfen, unser Leben zu strukturieren. Wir haben unseren Kopf aus gutem Grund bekommen! Aber manchmal treffen wir Entscheidungen, bei denen wir denken: Das ist ja völlig verrückt. Und trotzdem wissen wir, im Bauch und im Kopf, dass es gut so ist.
Vielen fehlt dabei auch Klarheit. Kommen Sie auch damit in Ihrer Arbeit in Kontakt?
Sehr viele Menschen beschäftigen sich mit der Frage wie: Was ist mir wirklich wichtig? Es ist ein viel strapaziertes Word - doch „Werte“ sind wichtig! Um Klarheit zu bekommen, muss ich ein persönliches Ranking erstellen, nicht auf Lebenszeit, aber für den Moment. Will ich gerade mehr Arbeit oder Familie, ein Gap Year machen oder ein Unternehmen gründen?
Ist das heute schwerer als früher?
Unsere heutige Gesellschaftsstruktur macht es schwerer. Früher haben beispielsweise die Struktur der Familie oder der Sonntag, an dem man geruht hat, Klarheit gegeben. Und da sind wir wieder bei den Affen: Heute sind wir belagert von einem Heer von Affen, die uns sagen, was wir alles tun sollen, uns einflüstern, dass wir zu langsam oder zu faul sind. Ich glaube, die meisten davon kann man wegschicken – und stattdessen genau hinschauen, was uns selbst wichtig ist.