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Kalender Aktualisiert:30. Sep 2024

Familienaufstellung: Was ist das?

Bei einer Familienaufstellung (auch: systemisches Familienstellen) werden die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander räumlich dargestellt, entweder durch unbeteiligte Personen, sogenannte Stellvertreter, oder durch Figuren.

Die Aufstellung findet in der Gruppe oder als Einzelsitzung statt. Diese Methode kann in der Psychotherapie angewendet werden, um ungelöste Konflikte aufzuarbeiten, innere Blockaden zu lösen, die Ursachen für psychische oder psychosomatische Erkrankungen zu verstehen und die persönliche Weiterentwicklung zu fördern.

Die systemische Aufstellung, die in den 1960er Jahren in den USA als Methode der systemischen Familientherapie entwickelt wurde, ist keine eigene Therapieform, sondern wird als Teil einer Psychotherapie eingesetzt. Sie basiert auf der Annahme, dass die Probleme eines Individuums nicht ausschließlich auf die Einzelperson zurückzuführen sind, sondern auch auf das umgebende soziale System.

Gerade die Familie beeinflusst unsere Entwicklung, unser Verhalten und unser Denken maßgeblich. Wir werden in sie hineingeboren und nehmen dort unsere Rolle ein, die wir uns nicht selbst ausgesucht haben, der wir uns jedoch oft fügen.

Unterschiedliche Erfahrungen der verschiedenen Generationen und verstrickte Beziehungskonstrukte können zu Konflikten führen, die unser Handeln und Fühlen meist unbewusst, jedoch maßgeblich bestimmen. Jede Person in diesem sozialen Gefüge hat eine eigene Sichtweise und eine individuelle Wirklichkeit, die durch die Familienaufstellung besser verständlich gemacht werden kann.

Die wohl bekannteste und gleichzeitig umstrittenste Methode ist die sehr dogmatische und esoterische Familienaufstellung nach Bert Hellinger, von der sich die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. (DGSF) ganz klar distanziert.

Familienaufstellungen sollten nur von Personen durchgeführt werden, die eine fundierte Fortbildung in Systemischer Therapie und Beratung sowie therapeutische Praxiserfahrung vorweisen können.
 

Was macht man bei einer Familienaufstellung?

Eine Familienaufstellung verbildlicht im Raum die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander und findet in der Gruppe oder als Einzelsitzung statt. Betrachtet wird entweder die Ursprungsfamilie mit Eltern, Großeltern und anderen Verwandten früherer Generationen oder die Gegenwartsfamilie mit Partner und Kindern.

Vorab formuliert die aufstellende Person das Problem oder Anliegen, das durch die Aufstellung gelöst werden soll. Meist ist es hilfreich, detaillierte Informationen über die Familienmitglieder und deren Beziehungen zueinander zu sammeln.

Bei der Aufstellung werden dann unbekannte Personen als Stellvertreter für die Familienmitglieder oder Partner eingesetzt und von der aufstellenden Person im Raum aufgestellt. Diese Positionierung bildet die Familienstruktur ab und gibt bereits Aufschluss darüber, wer wem nahesteht und wer wem ab- oder zugewandt ist. Bei der Einzelaufstellung verdeutlichen Stühle oder Gegenstände die Beziehungen.

Die Repräsentanten werden einzeln nach ihren Gefühlen und der Verbindung zu den anderen Personen der Aufstellung befragt. Das Kuriose bei der Gruppensitzung: Meist übernehmen die stellvertretenden Personen ganz automatisch Verhaltensweisen, die denen der Personen, die sie vertreten, ähneln.

Dadurch entsteht bei der Aufstellung eine ähnliche Dynamik wie im tatsächlichen Familiensystem der aufstellenden Person. Warum das so ist, lässt sich bisher nicht erklären.
Die Themen und Problemstellungen können sehr unterschiedlich sein und von der Lebensberatung bis zur Verarbeitung eines Traumas reichen:

  • Beziehungsprobleme
  • Trennungen
  • unerfüllter Kinderwunsch
  • immer wieder falsche Partnerwahl
  • familiäre Spannungen
  • Familiengeheimnisse
  • chronische physische oder psychische Beschwerden
  • Lebenskrisen
  • Probleme bei der Erziehung
  • innere Blockaden
  • starke Schuldgefühle
  • berufliche Neuorientierung
  • Erfolglosigkeit im Beruf
  • Konflikte am Arbeitsplatz
  • Stressbewältigung
  • Entscheidungsfindung
  • geringes Selbstwertgefühl
  • Mobbing
  • Burn-out
  • Ängste
  • Fehlgeburten
  • Missbrauch
  • andere traumatische Erfahrungen

Je nach Anliegen oder Problemstellung kann eine Sitzung für die Beteiligten sehr emotional werden. Die leitende Person unterstützt anschließend bei der Interpretation, gibt neue Lösungsansätze und steht der aufstellenden Person bei der Verarbeitung der Emotionen und Erkenntnisse zur Seite.
 

Was bringt eine Familienaufstellung?

Die Familienaufstellung ermöglicht Dir, aus einer anderen Perspektive auf das Familiensystem zu blicken. Steckst Du in Deiner Rolle als Familienmitglied fest, fehlt Dir oft der Blick von außen auf die Verbindungen, die einzelnen Persönlichkeiten und deren Verhaltensmotivationen.

Manchmal sind die Verhältnisse in Familien sehr verworren und die Beziehungen festgefahren. Gerade im Familiensystem gibt es gewisse Dynamiken, die nur schwer zu durchschauen und zu verstehen sind.

Dann ermöglicht die Familienaufstellung den Blick von außen auf das System und kann Erkenntnis darüber bringen, wo die Wurzeln für wiederkehrende Verhaltensmuster oder andauernde Konflikte liegen.

Du entwickelst durch den Perspektivenwechsel mehr Verständnis und Empathie für einzelne Familienmitglieder, was Dir wiederum selbst dabei helfen kann, innere Blockaden zu lösen, alte Verhaltensmuster zu durchbrechen und Deinen Frieden zu schließen.
Welche Möglichkeiten die Familienaufstellung bietet:

  • Einsicht in familiäre Muster und Verständnis für gewisse Dynamiken
  • Verarbeitung ungelöster Konflikte
  • Verständnis für Familienmitglieder
  • Verbesserung der Beziehung innerhalb der Familie
  • persönliche Weiterentwicklung
  • Lösen von inneren Blockaden
  • Stärkung des Selbstbewusstseins
  • Überwinden von negativen Gefühlen
  • Verarbeitung belastender Erlebnisse
  • Auflösen negativer Glaubenssätze
  • Verarbeitung von Trauer

Bei der Familienaufstellung können Zusammenhänge erkannt und die Ursachen für Blockaden gelöst werden, was vielen Menschen bereits zu einem befreiteren, unbeschwerteren und glücklicheren Leben verholfen hat.
 

Wie fühlt man sich nach einer Familienaufstellung?

Nach einer Familienaufstellung treten meist unterschiedliche Emotionen nach oben. Viele erleben bereits nach einer Sitzung einen Aha-Moment und können die Sichtweisen der anderen Personen besser verstehen. Bei anderen kochen viele lange verborgenen, negativen Emotionen wie Wut, Enttäuschung oder Einsamkeit nach oben, die sie erst einordnen und verarbeiten müssen.

Manchmal braucht es eine gewisse Zeit, bis die Erkenntnisse kommen. Manche spüren die Wirkung der Aufstellung erst nach einer Weile, da die Emotionen und Gedanken erst in Bewegung kommen und sich zusammenfügen müssen.
 

Kann eine Familienaufstellung auch gefährlich sein?

Eine Familienaufstellung kann gefährlich werden, wenn sie von einer nicht ausreichend qualifizierten und erfahrenen Person durchgeführt wird und die Teilnehmenden im Anschluss mit ihren oft intensiven Emotionen allein gelassen werden. Zu einer seriösen Familienaufstellung gehört deshalb auch eine therapeutische Nachbetreuung, bei der die Emotionen analysiert, eingeordnet und verarbeitet werden können.

Ein weiteres Risiko besteht in einer Fehlinterpretation der Dynamiken. Da die Erkenntnisse auf reiner Interpretation der Aufstellungsleiterin oder des Aufstellungsleiters basieren, kann die Deutung in eine völlig falsche Richtung gehen und am Ende sogar noch mehr emotionales Chaos erzeugen. Auch mangelnde Empathie und therapeutische Erfahrung können dazu führen, dass die aufstellende Person nicht ausreichend aufgefangen und nachbetreut wird.

Außerdem kann das Verhalten der Personen, die als Stellvertreter die Rollen der Familienangehörigen einnehmen, das Ergebnis verfälschen. Manche verspüren in der ungewohnten Situation einen gewissen Erwartungsdruck und beginnen zu schauspielern, statt einfach in sich hinein zu fühlen.

Informiere Dich vorab ausführlich über die Therapeutin oder den Therapeuten und vertraue Dich nur jemandem mit ausreichend Erfahrung, Qualifikation und Einfühlungsvermögen an. Unter kompetenter Anleitung und mit entsprechender Nachbetreuung können sich aus der Familienaufstellung viele Chancen für ein befreiteres, zufriedeneres Leben ergeben.