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Kalender Aktualisiert:18. Oct 2023

Was versteht man unter Selbstmitgefühl?

Unter Selbstmitgefühl versteht man Verständnis und Fürsorge für sich selbst. Dass wir liebevoll und verständnisvoll mit unserem Körper und unserer Psyche umgehen, sollte eigentlich selbstverständlich sein – schließlich sind sie das Wertvollste, was wir haben.

Und doch sind wir oft bei Stress, in Krisen oder auch bei alltäglichen Herausforderungen hart mit uns selbst, kritisieren uns für Kleinigkeiten, die nicht nach Plan laufen und erlauben uns keine Schwäche.

Befinden sich Freunde jedoch in derselben Situation, bringen wir großes Mitgefühl auf, raten ihnen dazu, einen Gang zurückzuschalten und nicht so selbstkritisch zu sein. Wir legen ihnen tröstend die Hand auf die Schulter und unterstützen sie in schwierigen Zeiten.

 

Selbstmitgefühl in der Psychologie

Die amerikanische Wissenschaftlerin Kristin Neff beleuchtete das Selbstmitgefühl als möglichen Ansatz, besser mit Leid, Stress und negativen Gefühlen umzugehen. Das Selbstmitgefühl ruht nach ihrer Forschung auf drei Säulen:

  • Achtsamkeit
  • Verbundenheit mit anderen Menschen
  • Freundlichkeit mit sich selbst

Zunächst gilt es, überhaupt wahrzunehmen, wie es Dir gerade geht. Mit Hilfe von Achtsamkeit kannst Du feststellen, was Du gerade fühlst, ohne es zu bewerten. Im zweiten Schritt kannst Du Dir bewusst machen, dass Leiden nicht etwas ist, was Dich von anderen trennt, sondern was Dich mit anderen Menschen verbindet. Denn das Leiden gehört zum Menschsein dazu, jedes menschliche Leben beinhaltet auch Schmerz. Daraus folgt die freundliche Unterstützung für Dich selbst, so wie Du andere in ihrem Schmerz unterstützen würdest: mit freundlichen, mitfühlenden Worten.

 

Mitgefühl mit Dir wie mit anderen Menschen

Genau dieses Mitgefühl, das Du mit großer Selbstverständlichkeit für andere Menschen aufbringst, solltest Du jedoch auch Dir selbst gegenüber haben. Denn es ist völlig in Ordnung, nicht alles perfekt zu machen, in manchen Situationen überfordert zu sein und an manchen Tagen einfach nicht die Kraft und Energie zu haben.

Wenn Du häufig hart mit Dir und Deiner Leistung ins Gericht gehst, kann Dich mehr Selbstmitgefühl Deinen wahren Bedürfnissen wieder näher bringen. Du wirst weicher, flexibler und rappelst Dich nach einem Misserfolg oder einem Rückschlag viel schneller wieder auf.

 

Selbstmitgefühl versus Selbstmitleid

Selbstmitgefühl ist jedoch nicht zu verwechseln mit Selbstmitleid. Durch Selbstmitleid versinkst Du in Deinen Problemen, jammerst, siehst Dich als Opfer und ziehst Dich noch mehr runter. Du überdramatisierst und fokussierst Dich auf die eigene Misere, was Dich nur noch unglücklicher macht.

Selbstmitgefühl ist hingegen das liebevolle Verständnis für Deine Situation und Deine Gefühlslage. Es hilft Dir, Deine Probleme mit Distanz zu betrachten, so wie Du es bei Freunden machen würdest. Das lässt Dich letzten Endes gelassener mit Problemen umgehen und weniger kritisch mit Dir selbst zu sein.

Du wirst feststellen, dass Du viel schneller wieder aus einem Tief herausfindest, wenn Du für Dich selbst Verständnis und Mitgefühl hast. Wer sich über sich selbst ärgert oder sich hart kritisiert, der manövriert sich nur immer mehr in die schlechte Stimmung hinein.

 

Warum ist Selbstmitgefühl so wichtig?

Selbstmitgefühl ist für vieles wichtig: Du kannst besser mit Stress umgehen, fühlst Dich weniger überfordert, lernst Deine Grenzen zu respektieren, Du bist zufriedener und gelassener, Du fühlst Dich wohler in Deiner Haut und nimmst neue Herausforderungen selbstbewusster an.

Wer sich ständig kritisiert und nie mit der eigenen Leistung zufrieden ist, verbaut sich damit selbst den Weg zum Lebensglück. Selbstmitgefühl bringt Dich hingegen zurück in Deine innere Balance. Es stärkt Deine Resilienz, beseitigt Ängste und Depressionen, steigert Dein Wohlbefinden und somit auch Deine Gesundheit.

Menschen mit Selbstmitgefühl haben sogar ein gesünderes Körperbild und gesündere Ernährungsgewohnheiten. Du wirst also viele positive Veränderungen feststellen, wenn Du Deinen inneren Kritiker in einen mitfühlenden Freund verwandelst.

Wie lerne ich freundlich zu mir zu sein?

Mit ein paar einfachen Übungen kannst Du lernen, freundlicher zu Dir zu sein. Gegen eine gesunde Selbsteinschätzung und ein bisschen Disziplin ist nichts einzuwenden, doch wenn Du überkritisch mit Dir bist und Fehler nur schwer akzeptieren kannst, ist die Zeit gekommen, liebevoller und fürsorglicher mit Dir umzugehen:
 

1. Fühle in Dich hinein

Durch Achtsamkeit lernst Du, Dich selbst besser wahrzunehmen. Du erfährst mehr über Deine Gedanken, Emotionen und Bedürfnisse. Die US-Psychologin Kristin Neff hat mit dem „Mindful Self-Compassion“-Training, kurz MSC, sogar ein eigenes Programm für achtsames Selbstmitgefühl entwickelt.

Schon kurzes Innehalten in Stresssituationen ist eine gute Übung, genauso aber auch bewusstes In-Dich-Hineinfühlen morgens nach dem Aufwachen oder abends vor dem Einschlafen. Was sagt Dir Dein Körper? Was sagt Dein Geist? Wie nimmst Du den Augenblick wahr? Was denkst Du? Was fühlst Du? Wertungen sind dabei völlig unwichtig, denn alles ist gut, wie es ist.
 

2. Kümmere Dich um Deine Bedürfnisse

Gönne Dir Auszeiten. Tu Dir Gutes. Wer kein Selbstmitgefühl hat, vernachlässigt meist auch die Selbstfürsorge. Dabei verdienst Du so viel Aufmerksamkeit. Du brauchst mehr Ruhe? Du möchtest einfach mal alleine sein und nichts um die Ohren haben? Oder willst Du Dich aktiv beim Sport auspowern, um Dich gut zu fühlen? Vielleicht fehlt Dir eine liebevolle Umarmung? Nimm Dir, was Du brauchst – Du verdienst es.
 

3. Lass Selbstmitgefühl zu

Stell Dir vor, Du steckst in einer schwierigen Situation. Eine Freundin kommt auf Dich zu, tröstet Dich und redet Dir gut zu. Sie sagt „Kopf hoch, das wird schon wieder“, „Du musst nicht immer stark sein“ oder „Jeder macht mal einen Fehler“. Wenn eine außenstehende Person Mitgefühl zeigt, freust Du Dich und kannst das akzeptieren. Warum sträubst Du Dich dann so gegen Selbstmitgefühl? Sei Du Deine beste Freundin und lass zu, dass Du verständnisvoll und freundlich zu Dir bist.
 

4. Betrachte Dich von außen

Statt Dich für einen Fehler zu verurteilen, nimm die Position einer außenstehenden Person ein, die Dir wohlgesonnen ist. Wie würde diese Person die Situation sehen? Wie würde sie reagieren? Sie würde Dich trösten, Dich unterstützen und Dir Mut zusprechen. Sie würde Dich auf keinen Fall niedermachen und klein reden. Warum also machst Du das selbst mit Dir? Dazu gibt es keinen Grund, also sei einfach mitfühlend mit Dir.
 

5. Bewerte Dich nicht

Siehst Du Dich ständig im Vergleich zu anderen? Die anderen leisten mehr, können mehr, sind besser als Du? Damit ist jetzt Schluss. Du bist Du, und Du bist anders als die anderen. Und das ist gut so. Hör auf Dich zu bewerten und zu vergleichen. Akzeptiere Dich mit Deinen Schwächen und Stärken. Du hast mal einen schlechten Tag? Na und! Du hast einen Fehler gemacht, der Dich wahnsinnig ärgert? Abhaken! Höhen und Tiefen gehören zum Leben dazu und jeder darf mal Fehler machen.


 
Durch mehr Selbstmitgefühl kannst Du übrigens nicht nur die Beziehung zu Dir selbst vertiefen, sondern auch zwischenmenschliche Beziehungen stärken. Ob Partnerschaft oder Freundeskreis – bist Du freundlich zu Dir selbst, stärkt das auch Dein Mitgefühl für andere.