Hast Du Dich schon einmal gefragt, was Gaslighting bedeutet? Der Begriff beschreibt eine besonders grausame Form der psychischen Gewalt. Mehr erfährst Du hier.
Gaslighting ist eine Form des psychischen Missbrauchs, bei dem gezielt das Selbstbewusstsein eines anderen Menschen zerstört und dessen Realitätswahrnehmung manipuliert wird.
Wer längere Zeit gegaslighted wird, weiß eines Tages selbst nicht mehr, was wahr und was gelogen ist. Im schlimmsten Fall führt die psychische Gewalt zum totalen Zusammenbruch und zu schweren psychischen Erkrankungen.
Die Bezeichnung leitet sich von einem Theaterstück des englischen Dramatikers Patrick Hamilton aus dem Jahr 1938 ab. In seinem Stück „Gas Light“ manipuliert ein Ehemann seine Frau, indem er Gegenstände versteckt und leugnet gewisse Dinge zu sehen, bis seine Frau selbst an ihrem Verstand zweifelt und denkt, wahnsinnig zu sein. Unter anderem leugnet er das namensgebende flackernde Gaslicht.
Ähnlich passiert es oft in Beziehungen, dass Menschen vom Partner oder von der Partnerin durch Lügen, Fehlinformationen, Leugnen, Verdrehung von Tatsachen, Unterstellungen und Einschüchterung manipuliert werden, bis sie selbst nicht mehr wissen, was sie glauben sollen und an ihrer eigenen Wahrnehmung zweifeln. Voraussetzung ist ein enges Vertrauensverhältnis, das vom Gaslighter eiskalt missbraucht wird.
Nach der Londoner Premiere von Hamiltons Stück wurde das Phänomen der psychischen Gewalt öffentlich wahrgenommen und diskutiert. Bis heute hat sich Gaslighting als Bezeichnung der Manipulationsmethode durchgesetzt, durch die Menschen gezielt dazu gebracht werden, den eigenen Verstand und die eigene Intuition infrage zu stellen.
Der wissenschaftliche Ausdruck lautet „invalidierende Kommunikation“, was bedeutet, dass die Wahrnehmung und Gefühle des anderen entwertet und als unwichtig angesehen werden.
Gaslighting wird oft von Menschen mit narzisstischer Persönlichkeit betrieben, um andere Menschen nach ihren eigenen Vorstellungen systematisch zu manipulieren und zu kontrollieren. Männer wie Frauen können gleichermaßen Opfer oder Täter sein. Es sind jedoch nicht nur Narzissten: Auch Menschen mit einem sehr geringen Selbstwertgefühl können sich durch Gaslighting erhöhen und dem anderen überlegen fühlen.
Als Opfer suchen sich Gaslighter oft gezielt Menschen aus, die ohnehin ein geringes Selbstbewusstsein und wenig Selbstvertrauen haben, um ihr Bedürfnis nach Macht zu befriedigen. In einer Beziehung üben sie ihre Dominanz aus, indem sie die Partnerin oder den Partner nicht nur kontrollieren, sondern deren Wahrnehmung und das soziale Umfeld manipulieren. Betroffene werden komplett isoliert und vertrauen irgendwann nur noch den Lügen des Gaslighters.
Typische Gaslighting-Sprüche, die gerne von Narzissten verwendet werden und Dich an Deiner Wahrnehmung zweifeln lassen, sind beispielsweise
Menschen, die unter Narzissmus leiden, machen sich die Welt oft, wie sie ihnen gefällt. Und dieses Weltbild vermitteln sie durch Gaslighting auch allen anderen in ihrem Umfeld. Während Menschen mit starkem Selbstbewusstsein auf die Manipulation nicht so leicht hereinfallen, sind unsichere Menschen mit geringem Selbstwertgefühl durchaus anfällig.
Diese Schwäche nutzen Narzissten durch ihren Mangel an Empathie eiskalt aus und machen ihr Opfer zum Spielball, um sich selbst zu erhöhen und über eigene Minderwertigkeitskomplexe hinwegzutäuschen.
Für Betroffene ist es durch das Vertrauen in den Partner oder die Partnerin oft schwer, Gaslighting zu erkennen. Meist beginnt die Beziehung wie im Märchen, die Liebe ist groß und Du wirst auf Händen getragen. Doch dann beginnt ganz schleichend die Manipulation, und zwar so beiläufig, dass Du nicht merkst, was Dir damit angetan wird.
Hier findest Du einige typische Techniken und deutliche Anzeichen, die auf eine Manipulation in der Beziehung hindeuten können:
Es sind nicht unbedingt die großen Lügengeschichten und Ausreden, sondern die kleinen beiläufigen Lügen, die Gaslighter gezielt und kontinuierlich einfließen lassen. „Ich war doch den ganzen Abend zu Hause“, obwohl es nicht so war, „Du kannst mich gestern nicht mit einer anderen Frau gesehen haben“, obwohl es so war oder „Du hast Deinen Kaffee noch nie mit Zucker getrunken“, obwohl Du das schon immer tust, säen oft erste Zweifel an Dir selbst.
Eine typische Taktik ist das Verleugnen von Gesehenem oder Gesagtem. Immer wieder fallen Sätze wie „Das hast Du falsch abgespeichert“, „Das bildest Du Dir ein“, „Das habe ich nie so gesagt“, „Dein Gedächtnis funktioniert nicht richtig“, „Das spielt sich alles nur in Deinem Kopf ab“ oder „Du bist paranoid“. Mit der Zeit glaubst Du selbst, dass Du Dir alles nur einbildest.
Was Du fühlst, interessiert Deinen Partner nicht. Redest Du über Deine Gefühle, werden sie kleingeredet mit „Du bist zu empfindlich“, „Du bist übersensibel“ oder „Du musst immer so übertreiben“.
„Wie siehst Du denn wieder aus“ oder „Bei der Figur ist es kein Wunder, dass Dich niemand mag“ werten Dich ab und sollen Dich gezielt verletzen. Äußerst Du Deine verletzten Gefühle, kommt hinterher eine Beschwichtigung wie „War doch nur Spaß“, „War doch nicht so gemeint“ oder „Sei doch nicht so empfindlich“.
Hörst Du immer wieder den Vorwurf „Du flirtest immer mit anderen Männern“, obwohl Du nur ein ganz normales Gespräch geführt hast? Oder werden Dir immer wieder negative Eigenschaften angedichtet, die Du gar nicht besitzt? Auch das zermürbt Deine Selbstwahrnehmung.
Gaslighter verstecken gerne Gegenstände, um Dich zu verwirren. Ein Beispiel: Du legst Deine Schlüssel immer an derselben Stelle ab. Plötzlich liegen sie nicht mehr dort. Du suchst überall in der Jackentasche, der Handtasche, unter dem Schrank und kannst Dir nicht erklären, wo die Schlüssel hingekommen sind. Dann findet sie Dein Partner zufällig an einer völlig unerwarteten Stelle oder legt sie unbemerkt wieder zurück an den gewohnten Platz. Je öfter er dieses Spielchen spielt, umso mehr zweifelst Du an Deinem Verstand.
Du bist immer an allem schuld. Läuft etwas nicht nach den Vorstellungen Deines Partners, liegt es an Deiner Unfähigkeit. Du hast ständig das Gefühl, Dich entschuldigen zu müssen, ohne genau zu wissen, wofür. Du hast permanent Angst, einen Fehler zu machen. Dein Selbstvertrauen schwindet, bis Du an Deine eigene Unfähigkeit glaubst.
Häufige Opfer für Gaslighting sind Menschen, die von vornherein bereits ein schwaches Selbstwertgefühl und ein geringes Selbstbewusstsein haben. Bauen sie Vertrauen zu einer Person auf, lassen sie sich gerne von ihr leiten und legen den Fokus komplett auf die Beziehung.
Dann fällt es Gaslightern besonders leicht, sie zu manipulieren. Sie lassen sich leicht blenden und können sich schwer vorstellen, dass sie ausgerechnet von dieser angehimmelten Person emotional missbraucht werden. Auch Menschen, die es immer allen recht machen wollen und die ihre Grenzen schwer aufzeigen können, laufen Gefahr, empfänglich für Gaslighting zu sein.
Grundsätzlich kann jedoch jeder Mensch an einen Gaslighter oder eine Gaslighterin geraten. Gerade in einer noch frischen Beziehung ist die Verliebtheit oft so groß, dass der neue Partner als das große Lebensglück gesehen wird und Manipulationen nicht gleich erkannt oder als nichtig betrachtet werden.
Wer mit einem gesunden Selbstwertgefühl in die Beziehung geht, wird die Manipulationstaktik jedoch bald erkennen und dem Gaslighter selbstbewusst Grenzen setzen.
Opfer von Gaslighting lassen sich zutiefst verunsichern. Sie zweifeln an ihrem eigenen Verstand und hinterfragen alles, was sie tun, fühlen und denken. Durch die steigende Unsicherheit ziehen sie sich immer mehr zurück und isolieren sich. Bis es soweit kommt, durchlaufen sie jedoch verschiedene Stadien:
Um gar nicht erst in der letzten Phase anzukommen, ist es umso wichtiger, bei den ersten Anzeichen von Gaslighting hellhörig zu werden und die Beziehung ernsthaft zu hinterfragen. Lässt Dich jemand an Deiner eigenen Intuition zweifeln, ist das bereits ein Zeichen, dass Du Deinem Bauchgefühl sehr wohl unbedingt vertrauen und vorsichtig sein solltest.
Gaslighting ist tatsächlich eine Art der Gehirnwäsche, bei der die Opfer oft über Jahre hinweg vom Manipulator bearbeitet werden, bis sie ihre Denkweise nach dessen Wünschen ändern und eine falsche Realität als Wahrheit annehmen. Ihr Gehirn wird durch die kleinen Lügen, Verleumdungen und falschen Tatsachen kontinuierlich umprogrammiert.
Da die Opfer am Ende selbst fest davon überzeugt sind und durch die zunehmende Isolierung von anderen Menschen auch keine anderen Sichtweisen präsentiert bekommen, erkennen sie den Missbrauch nicht. Der Gaslighter kontrolliert ihre Gedanken und Gefühle und richtet damit an der Psyche der Opfer großen Schaden an.
Die Folgen von Gaslighting können für die Opfer sehr gravierend sein. Je nachdem, wie lange sie dem psychischen Missbrauch ausgesetzt waren, gehen sie als gebrochene Menschen ohne jedes Selbstvertrauen aus der Beziehung. Oft leiden sie unter
Meist bleibt es nicht nur bei Folgeschäden der Psyche. Auch körperliche Beschwerden können durch Gaslighting ausgelöst werden, wie
Das Perfide am Gaslighting ist, dass Opfer die Manipulationsstrategie meist erst mit mehreren Jahren Abstand erkennen. Oft ist eine jahrelange therapeutische Betreuung notwendig, um bei den Betroffenen das Vertrauen in die eigene Intuition wieder aufzubauen.
Nicht immer ist einem Gaslighter oder einer Gaslighterin bewusst, dass sie andere Personen damit gezielt missbrauchen. Oft hat sich diese Manipulationstaktik über die Jahre im Umgang mit anderen Menschen etabliert.
Manchmal dient sie der eigenen Erhöhung, um sich nicht mit dem eigenen geringen Selbstwertgefühl auseinanderzusetzen. Oft ist sie einfach eine Form der Verteidigung, um eigene Fehler nicht eingestehen zu müssen.
Andere verwenden Gaslighting jedoch ganz bewusst, um der anderen Person zu schaden. Sie verfolgen gezielt den Plan, die andere Person immer kleiner zu machen, zu isolieren und in den Wahnsinn zu treiben. So erreichen sie eine emotionale Abhängigkeit und die Kontrolle über ihr Opfer.
Gaslighting bleibt oft zu lange unerkannt, weil es sich nicht zuspitzt, sondern wie ein Kreislauf abläuft. Nach Sticheleien, Lügen und Beleidigungen folgt immer wieder eine Phase der Versöhnung, in der die Beziehung so harmonisch wie früher zu sein scheint und der Partner große Fürsorge zeigt. Auch das ist Teil der perfiden Taktik, um das Vertrauen des Opfers aufrecht zu erhalten, es noch enger an sich zu binden und von anderen zu isolieren.
Hast Du das Gefühl, Opfer von Gaslighting zu sein, solltest Du Dir unbedingt professionelle Hilfe holen und Dich an eine Beratungsstelle wenden. Vertraue Dich Freunden an und rede über Deinen Verdacht. Außenstehende erkennen die Manipulation einfacher, da sie nicht emotional an den Gaslighter gebunden sind.
Als Psychologin und Betroffene weiß ich, wie schwer es ist, sich aus dysfunktionalen Bindungen zu befreien – und ich weiß, wie sehr es sich lohnt.
