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Kalender Aktualisiert: 09. Sep 2024

Was ist die Definition von Scham?

Scham wird als negative, unangenehme Emotion definiert, die in uns hochsteigt, wenn wir uns nicht so verhalten, wie es gesellschaftlich erwartet wird, wir gewissen Ansprüchen nicht genügen oder den Werten unseres sozialen Umfeldes nicht entsprechen. Wir schämen uns auch, wenn jemand in unsere Intimsphäre eindringt, aber auch, wenn wir die einer anderen Person überschreiten.

Scham entsteht überhaupt nur durch die Interaktion mit anderen Menschen. Würden wir ganz alleine in der Wildnis aufwachsen, wäre es uns vermutlich herzlich egal, ob wir nackt herumrennen, laut pupsen oder Selbstgespräche führen. Uns wären auch Äußerlichkeiten egal, denn niemand würde uns bewerten. In der zivilisierten Gesellschaft ist das jedoch anders.

Zum einen entwickeln wir die natürliche Scham, wie den Wunsch nach Privatsphäre oder das Bedürfnis, den Körper und die Genitalien zu bedecken. Zum anderen eignen wir uns Schamgefühle durch unser Umfeld an. Bildung, Gesellschaft, Kultur – alles spielt eine Rolle dabei, welches Verhalten eine negative Reaktion hervorruft und deshalb Scham erzeugt.
 

Was sind die Ursachen für das Schamgefühl?

Schamgefühle sind ein absolut menschliches Empfinden, das vor allem die eigene Intimsphäre und Nacktheit betrifft, uns aber auch davon abhält, in die Intimsphäre anderer Menschen einzudringen. Dieses Gefühl von Scham ist nicht angeboren und entwickelt sich erst im zweiten bis dritten Lebensjahr.

Die Ursache für die ersten Schamgefühle kann die missbilligende Reaktion der Eltern auf ein Fehlverhalten sein, eine Bloßstellung vor anderen Leuten oder eine Bedrängnis, in der das Kind gezwungen wird etwas zu tun, das ihm unangenehm ist. Ein typisches Schamverhalten ist beispielsweise das Fremdeln von kleinen Kindern.

Hinter dem Schamgefühl steckt unter anderem die Angst

  • vor Bloßstellung
  • vor Spott
  • vor Kritik
  • in der Öffentlichkeit Fehler zu begehen
  • Erwartungen nicht zu erfüllen
  • vor sozialen Konsequenzen

Wofür wir uns schämen sollten, lernen wir durch unser soziales Umfeld. Zum einen prägt uns die Erziehung der Eltern, die uns durch ihre Werte vorgeben, welches Verhalten inakzeptabel ist. Zum anderen prägen uns Freunde, Verwandte, Bekannte, Kollegen.

Während der Pubertät, wenn sich der Körper verändert und wir nach unserer Persönlichkeit und unserem Platz in der Gesellschaft suchen, schämen wir uns für vieles: den Pickel auf der Nase, die Zahnspange, die veränderte Figur. Später als Erwachsene schämen wir uns vielleicht für die Klamotten die wir als Teenager getragen haben. Unser Schamgefühl befindet sich also ständig im Wandel und kann auch bewusst beeinflusst werden.

Eine chronische, tiefverwurzelte Scham kann als Folge von Kindesmissbrauch entstehen. Gerade Frauen schämen sich oft für Dinge, die ihnen angetan wurden. Viele Frauen suchen bei sich selbst die Schuld für sexuelle Belästigung und schämen sich für Übergriffe. Dabei sind es die Täter, die Scham und Schuld für ihr Fehlverhalten empfinden müssten.

Diese toxische Scham hindert viele daran, ihre Ziele zu verfolgen und ein befreites Leben zu führen. Hier kann therapeutische Unterstützung helfen, sich von den tiefsitzenden Schamgefühlen zu befreien.

 

Wann empfinden wir Scham? Ein paar Beispiele

Jeder Mensch hat ein anderes Schamempfinden. Manche Menschen scheinen sich einfach für nichts zu schämen, andere hingegen für alles. Die Schamgrenze liegt bei jedem Menschen eben woanders. Ein gesundes Maß an Schamgefühl hindert uns daran, nackt durch die Stadt zu laufen oder uns in der Öffentlichkeit völlig daneben zu benehmen.

Doch es gibt noch unzählige weitere Beispiele, wofür sich manche Menschen schämen:

  • Manche Menschen schämen sich, vor anderen zu sprechen oder zu singen.
  • Andere können aus Scham keine öffentlichen Toiletten benutzen.
  • Ein Stolperer über die Treppenstufe, ein Fleck auf dem Shirt - für viele ein höchst peinliches Missgeschick.
  • Manche Menschen schämen sich für ihre Tränen.
  • Wieder andere schämen sich für Äußerlichkeiten, die nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechen.
  • Auch ganz normale menschliche Bedürfnisse empfinden manche als peinlich.
  • Für viele sind Erkrankungen ein Grund, sich zu schämen.
  • Andere schämen sich für ihr niedriges Gehalt oder dafür, sich keinen Luxus leisten zu können.
  • Für andere ist ein textilfreier Saunabesuch der blanke Horror.

Wer selbst Schamgefühle hat, kennt auch das Gefühl des Fremdschämens. Überschreiten andere Menschen unsere eigenen Schamgrenzen, empfinden wir das ebenfalls als äußerst unangenehm und peinlich.

Manchmal schämen wir uns auch zurecht für ein Fehlverhalten, das wir am liebsten rückgängig machen würden. Dann werden die Schamgefühle zu Schuldgefühlen, die uns antreiben, uns zu entschuldigen, die Dinge wieder geradezubiegen und das nächste Mal besser zu machen.

 

Wie macht sich Scham bemerkbar?

Dieses unangenehme Gefühl der Scham kennt jeder, denn Scham macht sich in körperlichen Symptomen bemerkbar:

  • Die Röte steigt Dir ins Gesicht.
  • Deine Herzfrequenz erhöht sich.
  • Du beginnst zu zittern.
  • Du bekommst Schweißausbrüche.
  • Dir wird schwindelig oder schlecht.
  • Dein Blick senkt sich peinlich berührt zu Boden.
  • Im schlimmsten Fall kommt es zur Panikattacke.

Du würdest am liebsten im Boden versinken, weglaufen oder unsichtbar sein. Du fühlst Dich vor anderen bloßgestellt und denkst, alle würden über Dich lachen. Scham kann manchmal unerträglich sein, wenn wir uns in die Enge getrieben fühlen.

 

Wie kann ich die Scham überwinden?

Ist Dir vieles peinlich? Versuchst Du manches gar nicht erst, aus Angst, bei Misslingen zum Gespött zu werden? Mache Dir immer bewusst, dass Du selbst die Person bist, die Dir die Schamgefühle auferlegt, dementsprechend kannst auch Du selbst Deine Schamgrenze verschieben und weniger streng mit Dir ins Gericht gehen. Diese Tipps können Dir dabei helfen Deine Scham zu überwinden:


1. Akzeptiere Dein Schamgefühl

Schäme Dich nicht dafür, dass Du Scham empfindest. Schamgefühle sind keine Schwäche, sondern völlig normale Gefühle, die Du nicht unterdrücken musst. Sie können sogar positiv sein, um Dich vor öffentlichem Fehlverhalten zu bewahren und Dir Deine Grenzen aufzuzeigen. Deshalb akzeptiere, dass Deine Schamgrenze ausgeprägter ist als bei anderen.


2. Hinterfrage die Situation

Manchmal nehmen wir unser Verhalten völlig verzerrt wahr und bewerten die Situation als peinlicher als sie eigentlich ist. Bevor Du Dich lange für Dein Verhalten schämst, hinterfrage also lieber: Ist die Situation wirklich so peinlich oder nehme ich sie nur als übertrieben schlimm wahr? Wovor habe ich überhaupt Angst? Und welche Konsequenzen habe ich zu befürchten?


3. Erlaube Dir Fehler

Niemand ist perfekt, auch Du nicht. Du darfst genauso Fehler machen wie andere Menschen auch. Fehlbar zu sein ist also nichts, wofür Du Dich schämen musst – auch wenn Dein innerer Kritiker Dir etwas ganz anderes einreden will. Kleine Missgeschicke machen einen Menschen sogar erst sympathisch. Nimm ein kleines Malheur mit Humor, und niemand wird Dich auslachen.


4. Wechsle die Perspektive

Vielleicht schämst Du Dich für viele Dinge, die ein Außenstehender gar nicht bemerken würde. Graue Haare, ein schiefer Zahn, ein Speckröllchen – oft schämen wir uns für Äußerlichkeiten, die anderen gar nicht auffallen – oder die sie sogar als besonders liebenswert empfinden. Deshalb wechsle öfter mal die Perspektive und betrachte die Situation von außen.


5. Gehe offen damit um

Sprich offen über Deine Scham. Erkläre anderen Menschen, was genau Dir so peinlich ist, warum Du gewisse Dinge nicht machen möchtest und zeige damit Deine persönlichen Grenzen auf. Es mag Dich jetzt überraschen, doch Menschen, die sich schämen und das auch zeigen, wirken auf andere sympathisch.


6. Abhaken

Du schämst Dich für etwas, das Dir passiert ist oder das Du gesagt hast, und grübelst immer wieder über die Situation nach? Du machst Dir immer wieder Gedanken, was die anderen wohl von Dir halten, und gehst mit Dir selbst hart ins Gericht? Dann ist die Zeit gekommen, die Vergangenheit abzuhaken. Was passiert ist, ist passiert. Ändern kannst Du es nun nicht mehr, also schließe Deinen Frieden damit.


7. Akzeptiere Dich selbst

Empfindest Du häufig Schamgefühle, bist Du vermutlich mit Dir selbst nicht zufrieden. Dann lerne Dich zu lieben. Das klingt anfangs sehr abstrakt, hat jedoch einen großen Effekt auf Deine Selbstwahrnehmung und Dein Selbstbewusstsein. Lerne Deine Stärken kennen und akzeptiere Deine Schwächen. Denn auch sie machen Dich liebenswert.

Fokussiere Dich auf all die Eigenschaften, die Dich besonders machen: Dein freundliches Lächeln, Deine Hilfsbereitschaft, Deine Geduld, Deine Fürsorge. Schreibe alle positiven Eigenschaften auf und erweitere die Liste fortlaufend. Lege negative Glaubenssätze ab, die Dich seit Jahrzehnten kleinreden. Besinne Dich auf Deine Bedürfnisse und gönne Dir kleine Auszeiten. Tue Dinge, die Dir Freude bereiten. Meditiere, übe Achtsamkeit, entspanne. Jede noch so kleine Übung fördert Deine Selbstliebe und macht Dich zufriedener. Du bist gut, und Du bist genug.
 


Gesunde Scham schützt uns davor, uns zu blamieren. Sie wahrt unsere persönlichen Grenzen und schützt unsere Intimität – und das ist gut so. Wenn Du jedoch von übertriebenen Ängsten bis hin zur sozialen Phobie geplagt wirst und Dir gar nichts mehr zutraust, hindert Dich Deine Scham daran, Dich frei zu entfalten. Dann solltest Du den Ursachen auf den Grund gehen.

Vielleicht redest Du Dir aufgrund eines geringen Selbstwertgefühls oder aus Angst zu versagen ein, nichts richtig zu machen, nichts zu können und nicht gut genug zu sein. Dann ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, Deine Scham Schritt für Schritt zu überwinden.