Die 4 Bindungstypen nach John Bowlby
Die Entwicklungspsychologin und Mitarbeiterin von John Bowlby Mary Ainsworth beobachtete in den 1970er Jahren bei ihrem „Fremde-Situations-Test“ das Verhalten von Kleinkindern im Alter von 12 bis 18 Monaten, die von ihrer Bezugsperson für kurze Zeit mit einer fremden Person in einem Raum allein gelassen wurden.
Anhand der Reaktion der Kinder beim Weggehen und Zurückkommen der Bezugsperson bestätigte sich Bowlbys Theorie der frühkindlichen Prägung der Bindungsstile. Sie lassen sich in die vier Bindungstypen einteilen:
1. Bindungstyp A: Unsicher-vermeidende Bindung
Der unsicher-vermeidende Bindungsstil wird auch als vermeidend, abweisend-vermeidend oder ängstlich-vermeidend bezeichnet. Menschen mit diesem Bindungsstil können nur schwer Nähe zulassen und über ihre Gefühle reden.
Sowohl körperlich als auch emotional bleiben sie lieber auf Abstand, um den Schmerz einer Trennung zu vermeiden. Sie leiden geradezu unter Bindungsangst. Langfristige Beziehungen sind ihnen deshalb schwer möglich. Ihr negatives Selbstbild übertragen sie auch auf andere Personen.
Die Ursache kann die Abwesenheit einer Bezugsperson in der Kindheit sein, aber auch eine strenge Erziehung ohne emotionale Nähe. Der unsicher-vermeidende Bindungstyp war früh auf sich allein gestellt und musste sich selbständig versorgen. Auf die Bezugsperson konnte er sich nicht sicher verlassen.
2. Bindungstyp B: Sichere Bindung
Menschen vom Bindungstyp B können eine liebevolle, langfristige, sichere Bindung zu anderen aufbauen. Sie vertrauen anderen Menschen und können schnell Nähe und Intimität zulassen. Sie kommunizieren offen, können Liebe geben, aber auch annehmen.
Braucht die andere Person in einer Beziehung mehr Zeit für sich, werden sie dadurch nicht gleich verunsichert, denn sie besitzen ein gesundes Selbstbewusstsein und bleiben auch in einer Partnerschaft autonom. Sie können die eigenen Emotionen gut zulassen und regulieren.
Der sichere Bindungstyp konnte sich immer auf die Bezugspersonen verlassen, bekam von ihnen Liebe, Verständnis, Sicherheit und Wertschätzung. Er konnte ein gesundes Selbstvertrauen aufbauen und eigene Erfahrungen sammeln, mit dem Wissen, immer einen „sicheren Hafen“ als Rückhalt zu haben.
3. Bindungstyp C: Unsicher-ambivalente Bindung
Der unsicher-ambivalente Bindungstyp, auch als ängstlich-ambivalent oder ängstlich-besorgt bezeichnet, fühlt sich in der Beziehung sehr unsicher. Er leidet oft unter Verlustangst und braucht immer wieder Bestätigung. Er macht sich von der anderen Person abhängig und hat im Fall einer Trennung das Gefühl, nicht mehr alleine weiterleben zu können.
Menschen dieses Bindungstyps haben meist schon in der Kindheit keine Sicherheit bei der Bezugsperson verspürt. Manchmal ging sie auf die Bedürfnisse ein, manchmal nicht – die Erziehung war geprägt von Inkonsequenz. Oft verstanden sie als Kind nicht, welche Erwartungen die Bezugsperson an sie hat und fühlten sich dadurch verwirrt.
4. Bindungstyp D: Unsicher-desorganisierte Bindung
Menschen mit unsicher-desorganisiertem oder ängstlich-desorganisiertem Bindungsstil haben ebenfalls Schwierigkeiten, anderen Menschen zu vertrauen. Genauso fehlt ihnen auch das Selbstvertrauen. Tief im Inneren sehnen sie sich nach einer Beziehung und danach, geliebt zu werden. Gleichzeitig haben sie jedoch Angst vor Zurückweisung und versuchen, eine engere Bindung zu vermeiden. Ihre Gefühle können sie nur schwer regulieren.
Schon im Kindesalter fiel es ihnen schwer, Vertrauen zur Bezugsperson aufzubauen. Oft steckt sogar Angst vor der Bezugsperson dahinter, die durch traumatische Erlebnisse ausgelöst wurde, beispielsweise durch Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung.